«Gleichstellung jetzt und Recycling Tasche sind jetzt Freunde» – nicht nur mit solchen Dadaismen, sondern auch mit handfesten politischen Schlagabtäuschen erfreut mich Facebook immer wieder. Ich möchte keine Werbung dafür machen, Sie kennen es wohl eh schon, und es hat den gravierenden Nachteil, dass ich trotz durchschnittlicher Intelligenz immer noch nicht genau kapiert habe, wie es funktioniert. Andererseits führe ich mir da gerne Diskussionen zu Gemüte. Manchmal wird unsereine auch gerüffelt, wenn sie z.B. während des Despotenkippens in der arabischen Welt eine banale Wortmeldung zum Thema «rücksichtslose Hündeler» abgibt. «Die Welt steht in Flammen und du hast keine anderen Probleme», mahnte einer. Ja, die Öffentlichkeit hat ein feines Sensorium dafür, wann man sich um die Probleme der Welt kümmern sollte und wann es eher unangebracht ist.
Vertreter unserer Volksverhetzungspartei fanden es zum Beispiel nötig, angesichts der Ereignisse in Libyen schon mal auf Vorrat «Das Boot ist voll» zu rufen. Dringend müsse der Bundesrat verhindern, dass Menschen aus dem nordarabischen Raum bei uns Asyl beantragten. Die genaue Begründung ist mir entfallen, es muss aber mit Wirtschaftsflüchtlingen oder Scheinflüchtlingen zu tun gehabt haben, was synonym verwendet wird. Wahrscheinlich kommt einer, der von Gaddhafi niedergemetzelt werden sollte, bei uns oder in Italien in den Knast, da er vom Regime keine Reisepapiere erhalten hat und somit illegal am Leben blieb. All jene, die in der Libyen-Affäre so überlegen das Versagen der Diplomatie anprangerten: Wollen die jetzt nicht beweisen, wie leicht man mit so einem Despoten fertig wird? Wohl nicht, denn es droht ja eine Ölpreiserhöhung, wenn Gaddhafi europäische Staaten nicht mehr für die Repression gegen sein Volk einspannen kann.
Andere Bürgerliche finden es auch während dem Atom-Supergau in Japan akzeptabel, für Kernenergie zu plädieren. Grünen und Linken, die nun ultimativ den Atomausstieg fordern, wird unterstellt, das Thema auszuschlachten und Wahlkampf zu betreiben. Facebook hat mir bewiesen, dass eher die Atombefürworter das Thema für ein Linkenbashing missbrauchen. Eine Grüne Freundin von mir postete ein Youtube-Filmli vom 5. März, also vor dem Erdbeben: Die Grünen des Bezirks Uster werben gegen Atomkraft. Verkleidet mit weissen Overalls fahren sie gelbe Fässer mit dem Radioaktivitätszeichen auf Velos und Karretten durch Uster, türmen sie vor dem Bahnhof auf und halten flammende Plädoyers. Motto: Endlager für radioaktive Abfälle gesucht. Das Publikum schaut ängstlich und irritiert, nimmt Flyer und macht sich schnell aus dem Staub… Auch Doris Leuthards Patzer im gestrigen «10 vor 10» entging meinen FreundInnen nicht: «Primär muss der Staat schauen, dass es eben gar nicht zu einem Risiko kommt. … Ich will kein Erdbeben, bei welchem dann ein Werk beschädigt wird», zitiert E.H. die Bundesrätin, und H.G. antwortet: «Als Stimmbürger erwarte ich vom Bundesrat, dass er alle nötigen Massnahmen trifft, um ein Erdbeben in der Schweiz zu verhindern. Wenn es sein muss, soll der BR Ueli Maurer die Armee an die Grenze stellen, um diese schädlichen Erdplattenstösse schon an der Grenze abzuwenden.» D.S. kommentiert: «Vielleicht können wir diese illegalen Erdbeben ja ausschaffen.» Danke für diese Aufheiterungen angesichts schwerer Zeiten!