Fitnesscenter finde ich etwas unglaublich Stupides. Sicher ist es gesund, im Winter drinnen Velo zu fahren, wenn es draussen für Normalsterbliche zu garstig oder zu gefährlich wird. Aber wer hält es aus, ohne Zusatznutzen eine Wand anzuglotzen, ergötzt sich am immer gleichen Baum vor dem Fenster, geniesst keuchend eine verwackelte Lektüre? Das geht mir gegen den Strich. Könnte man nicht wenigstens Energie draus machen? So frage ich mich seit langer Zeit. Und da sagt doch der Umweltingenieur Thomas Wieland in der neusten WOZ: «Ich finde es verrückt, den Leuten in einem Fitnesscenter zuzuschauen … diese Energie müsste man doch transformieren können!» Jawoll! Herr Wieland gibt mir Hoffnung, denn er hat bereits ein Velo erfunden, das Strom produziert – allerdings bringen Menschen nur wenig Leistung in der Energieproduktion. Und weil Strom so billig ist, interessiert das die Masse nicht. Vielleicht hätten Anwendungen Erfolg, die auch noch ein soziales Happening böten? Etwa ein Trainingsraum in einer Blocksiedlung, wo die Fitten für die Community das abendliche TV-Programm am Grossbildschirm erstrampeln (statt nachts mit der Stirnlampe auf dem Kopf die Rehe im Wald aufzuscheuchen…).
Frei schwirrend Velofahren ist ja keine unbescholtene Fortbewegungsart mehr. Eine hitzige Debatte lodert: «Sind alle Radfahrer rücksichtslose Rowdys?», fragt sinngemäss das VCS-Magazin. Das ist ein bisschen pseudo: Velofahrende sind ja keine homogene Ethnie. Ich zum Beispiel: Bin übervorsichtig unterwegs. Bergab bremse ich immer. Habe meistens Licht. Also brav? Allerdings trage ich keinen Helm. Kommt weit und breit nichts und niemand, fahre ich bei Rot über die Strasse. Wenn ich fürchte, unter den nächsten Lastwagen zu geraten, weiche ich aufs Trottoir aus. Also gefährlich? Eine obsolete Diskussion, da im Verkehr kaum jemand durch Velos zu Schaden kommt, ausser deren LenkerInnen selber. Anders siehts in der Natur aus, wo Mountain- und E-Bikes trendig unterwegs sind. Tatsache ist: Wenn Biker schmale Wege befahren, kann einfach niemand mehr zu Fuss dort durch – weil dauernd die Gefahr droht, umgestossen zu werden, und weil unbefestigte Pfade sich in tiefe Rinnen verwandeln, die keinem Fuss mehr Platz bieten. Der Stärkere gewinnt den Verdrängungskampf – womöglich noch mit einem Motor unter dem Hintern. Solches suggeriert jedenfalls eine E-Bike-Werbung im besagten VCS-Magazin: Unter dem Motto «den Himmel berühren» pflügen Herr und Frau Sportlich korrekt behelmt vor einem stattlichen Panorama mit ihren E-Bikes einen Bergpfad um. Das entspricht möglicherweise sogar den Verkehrsregeln und ist sicher sehr gesund. Aber ist es sinnvoll?
Der Velotüftler Thomas Wieland glaubt nicht, dass noch mehr Technologie die Welt retten wird. Er propagiert – für ein besseres, sozial- und umweltverträgliches Leben – «mehr Arbeit mit den Händen, ohne dass alles Subsistenz werden muss». Folgerichtig kommt eine weitere Erfindung von ihm ohne den Umweg über Elektrizität aus: eine direkt velobetriebene Getreidemühle. Ein bewusst eingegangener technologischer Rückschritt, der am Ende ein Fortschritt ist – für die Gesundheit, die Umwelt und für eine sinnvolle Freizeitgestaltung. Meinerseits könnte ich gerade einen Gartenhäcksler mit Veloantrieb gut gebrauchen …