Familieninitiative

Hinsichtlich weiblicher Familienarbeit sind wir gegenwärtig mit der SVP-«Familieninitiative» konfrontiert, die natürlich blanker Unsinn und ganz klar abzulehnen ist. Dies untermauern Argumente, die von links bis deutlich bürgerlich akzeptiert sind: Dass gar keine realen Auslagen abgezogen würden, dass höhere gegenüber niedrigen Einkommen begünstigt würden, dass Steuerausfälle drohten, die zu Sparmassnahmen führen würden, von denen wiederum Frauen zuerst betroffen wären, etwa in den Bereichen Bildung und Care. (Wie das – unter linker Federführung – geht, hat die Stadt Zürich mit ihren Horten durchexerziert: Kaum hatten die Hortleiterinnen ihre Lohngleichheitsklage gewonnen und zum Ausgleich entgangenen Lohns zusätzliche Ferien erstritten, wurden diese Ferien Opfer einer Reorganisation der Horte, in deren Zuge die Hortarbeit zum Hilfsjob deklassiert wurde. Auch in den linken Stammlanden des Sozialwesens regiert offenbar immer noch die Auffassung, dass familienähnliche Dienste eigentlich zur weiblichen Gratisarbeit gehören, oder jedenfalls nicht viel Wert sind.)

Nun sind aber doch 44% der SP-Mitglieder für die Familieninitiative. Darunter linke, politisch aktive Frauen! Die Linke ist ratlos. Man hat den Teufel der Herdprämie an die Wand gemalt, man hat davor gewarnt, Frauen würden in  den Haushalt zurückgepfiffen – die Botschaft überzeugt einen beträchtlichen Teil der eigenen Wählerschaft offenbar nicht … Möglich, dass Linke VordenkerInnen davon ausgehen, die Mehrheit ihresgleichen lebe in einer besseren Welt – mit gerechter verteilten Familienlasten, nicht-diskriminierenden Arbeitgebern und materiell oder ideell befriedigender Erwerbsarbeit. Vermutlich widerspricht dies der Alltagsrealität vieler Linker, und insbesondere linker Frauen. Ihr Anspruch auf Gleichheit und Freiheit ist vielleicht noch nicht erfüllt mit der Wahl zwischen Pest, Cholera und Typhus, die sie heute haben: Entweder für Gotteslohn zuhause zu versauern, sich für miesen Lohn eine erschlagende Doppelbelastung aufzuhalsen oder für einen anständigen Lohn die Kinder Vollzeit aus der Hand zu geben und Care-Prekariat anzustellen. Sondern sie meinen vielleicht, sie sollten – z.B. als Alleinerziehende – Teilzeit arbeiten und genug Zeit für ihre Familienpflichten haben können oder vorübergehend ganz zu Hause bleiben können, ohne damit den sozialen, gesundheitlichen oder finanziellen Ruin in Kauf zu nehmen. Das wäre mehr als begreiflich.

Das Unbehagen auf den Punkt gebracht hat ausgerechnet eine Konservative. Für Marianne Binder-Keller, CVP-Grossrätin im Aargau, steht «ausser Frage, dass wir die Hausarbeit höher bewerten sollten. Und sie muss so anerkannt werden, dass die Zeit, die jemand damit verbringt, nicht zur Biografielücke verkommt» («NZZ am Sonntag», 6.10.13). Ihr Fazit zur Familieninitiative: «Wie sonst soll man denn Familienarbeit entschädigen? Etwa indem der Staat einen Lohn zahlt?». Warum auch nicht? Denn: An der Geringschätzung weiblicher Arbeit – sei sie bezahlt oder unbezahlt – ändert ein läppischer Steuerabzug gerade mal gar nichts. Er wäre nur ein Tropfen auf den heissen Stein – eine völlige Verkennung des tatsächlichen Volumens dieser Arbeitslast. Über kurz oder lang kommt die Linke wohl um eine Diskussion des Lohns für Hausarbeit nicht herum, wenn sie das Terrain nicht an Ewiggestrige abtreten will.