Reden wir mal Klartext! Gerne bekenne ich, dass ich abgetrieben habe. Mein 20. Geburtstag im Spital war ein eindrückliches Erlebnis. Warum es so weit kam, kann ich bis heute nicht schlüssig begründen. Technisch war ich ja aufgeklärt. Am ehesten würde ich mein Verhalten rückblickend als partielle Unreife bezeichnen oder als Überrest pubertären Wunschdenkens, das sich über Kollisionen mit der Realität gewaltsam hinwegsetzt. Es war vor der Fristenlösung; ich musste darum zu einem Psychiater und dort meine Seele sowie 185 Franken bar auf den Tisch legen, um zu einer psychischen Indikation zu kommen. Obwohl man dies streng genommen als Teil der Diagnosestellung hätte ansehen können, wurde der Betrag von keiner Kasse übernommen. Meine Leibesfrucht hielt es wohl für das beste, sich angesichts der widrigen Umstände zu verkrümeln, und ging kurz vor dem Eingriff von selbst ab. Gleichwohl erfolgte unter Vollnarkose eine Curettage – auch kein Sonntagsspaziergang. Wahrscheinlich als Strafe für mein Versagen wurde ich danach bis zum Austritt vom Spitalpersonal komplett ignoriert. Ich will aber nicht klagen, denn einer Freundin erging es keineswegs besser. Sie begab sich in die Behandlung einer damals angesehenen alternativen Gruppenpraxis, wo man ihr zwar das hochnotpeinliche psychiatrische Gutachten ersparte, aber ebenso die Narkose – nicht zur Strafe, nur zur Abschreckung.
Trotz allem wurde ich ein zweites Mal unerwartet schwanger! Obwohl ich diesmal alles richtig gemacht hatte! Wegen einer Episode mit Embolien konnte ich die Pille nicht mehr nehmen und verhütete mit der Depotspritze. Das war extrem praktisch: Mit der Empfänglichkeit verschwand gleich auch die Libido. Lebensfroh ist jedoch anders. So ähnlich fühlt es sich wohl an, wenn man sich das Lachen abgewöhnt. Also halt wieder Pariser. Ein zu allem entschlossenes Spermium überwand jedoch heroisch die Gummi-, Blut- und Zeitschranken und kam erfolgreich zum Ziel. Wie das ging, kann ich beim besten Willen nicht sagen, zumal auch der ärztlich errechnete Empfängnistermin in einer enthaltsamen Phase lag. Nun hatte ich echt Probleme: Ein Medikament, das ich einnehmen musste, verbot eine Schwangerschaft strikte – aber ich wollte das Kind! Darauf folgte ein Spiessrutenlauf bei ÄrztInnen und Professoren, bis endlich feststand, dass mein Spross ein ganzes Hirn und alle Glieder haben würde…
Zuletzt versuchte ich noch die Spirale. Sie meinte es allerdings etwas zu gut und vertrieb den Eindringling gleich prophylaktisch mit fiesem Pieksen. Nun wurde es mir und meinem Mann zu blöd, und angesichts abgeschlossener Kinderphase liess er sich sterilisieren.
Fazit: Für eine ungewollte Schwangerschaft brauchts gewöhnlich zwei. Frauen tragen aber heute nicht nur die Hauptverantwortung für die Verhütung, sondern auch alle Unannehmlichkeiten plus den Selbstbehalt bei Schwangerschaftsabbrüchen. Wenn die Allgemeinheit schon den Mitverursacher einer Abtreibung stets unbehelligt lässt, kann sie sehr wohl via Krankenkasse den Schaden der betroffenen Frauen mindern. Und warum nicht gleich Vasektomien verantwortungsbewusster Männer zahlen? Von blutten EDU-Exponenten, die nicht nur die Idee der Juso mit den nackten Bekenntnissen klauen, sondern auch noch herumjammern («Weil ich keinen Bock habe, das unkontrollierte Sexleben anderer zu bezahlen»), erwarte ich, dass sie geschlossen ins Kloster eintreten.