Schulden für Studis

Unsere Wirtschaftselite: Wohltäterin der Nation. Sie will immer unser aller Bestes – im Wortsinne. So auch Kurt Weigel, Hochschulrat der Fachhochschule St.Gallen, der sich dafür stark macht, dass Studierende die Studienkosten vollumfänglich selber bezahlen sollen. «Für mich steht die Würde des Menschen sowie der Anspruch, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, im Mittelpunkt meiner Politik.» So stehts auf seiner Website, und das braucht sich gar nicht zu beissen mit der Vorstellung, dass 25- bis 30-Jährige mit rund 115’000 Franken Schulden in ihr Erwerbsleben einsteigen sollen. Schliesslich kann man auch in Würde jahrelang Schulden abzahlen. Und die Entscheidungen, ob man nun auf Familie verzichtet oder zum Sozialamt geht, bei Aldi oder bei Lidl das billigste vom Billigen kauft, die Gesundheit durch Verzicht auf Erholung oder Verzicht auf den Zahnarzt ruiniert, fällt man trotz allem selbstbestimmt.

Solcher Luxus hat aber seinen Preis. Denn «Zur Selbstbestimmung gehört die Selbstverant­wortung. Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen», sagt Weigel, Direktor der Handelskammer St. Gallen-Appenzell. Denn einer wie er, der mit seinem Papeterie- und Bürobedarf den Nutzen hat, also vielleicht seiner Gattin jahrelang einen fetten Inhaberinnen-Lohn bezahlt und den Geschäfts-Gewinn einstriecht, der wird immer auch den Schaden tragen. Wir werden erleben, dass zumindest dieser FDP-Patron zuerst sich selbst entlassen wird, sollte die Wirtschaftslage einmal Kündigungen erforderlich machen. Nicht wie jener treulose Vasella, der trotz Milliardengewinn über 1000 Leute auf die Strasse stellen will.

Dass die faulen Studis mit dieser Massnahme seriöser studieren und marktkonformere Studienrichtungen wählen sollen, ist eben kein Zwang, sondern lediglich eine «Beseitigung von Fehlanreizen», die der Reform des Gesundheits- und Bildungswesens dienen soll.

Zwang, z. B. zum Minimallohn, ist nämlich immer schlecht. «Unser wichtigstes öffentliches Gut ist die persönliche Freiheit.» Damit sind natürlich nicht nur die Unternehmer gemeint. «Staatlich festgesetzte Mindestlöhne machen Geringqualifizierte und junge Erwachsene auf Dauer arbeitslos» lesen wir bei Kurt Weigels «Aktion Vertragsfreiheit». Tja, «Arbeitsplätze oder Mindestlohn» (so ein Referatstitel): Man kann eben nicht den Fünfer und das Weggli haben. Sonst kommts raus wie beim Coop Pronto beim Bahnof St.Gallen. Der «muss am Sonntag geschlossen bleiben», bloggt Weigel. «Die Unia hat erfolgreich interveniert … Die Schliessung durch das Arbeitsinspektorat erfolgte, weil sonntags nicht nur die Franchisingnehmer, sondern zusätzlich Angestellte arbeiteten … Dass es Arbeitnehmende gibt, die aus persönlichen Gründen froh sind, am Sonntag arbeiten zu können, spielt für die Gewerkschaften keine Rolle. Denn schliesslich geht es in der linken Arbeitsmarktpolitik weder um Menschen noch um Arbeitsplätze, sondern ums Prinzip.»

Das musste einfach mal gesagt sein. Wenn eine schon als Studentin 115’000 Franken Schulden hat und trotz marktkonformem Pharma-Studium (warum eigentlich?) keine Stelle findet, dann soll sie wenigstens am Sonntag arbeiten dürfen, heitere Schwiizerfahnenonemal!