Trau schau wem

Groucho Marx, der beschnauzte Komiker, scherzte einmal sinngemäss: Einem Verein, der ein Mitglied wie ihn aufnehmen würde, möchte er lieber nicht beitreten. Ganz ähnlich geht es dem Militär: Es möchte auch lieber nichts mit solchen Leuten zu tun haben, die freiwillig zu ihm kommen.

Die Zahl Zivildienstleistender ist ja geradezu explodiert, seit die Gewissensprüfung vor einem Jahr abgeschafft wurde. Nun müssen jene Wehrdienstpflichtigen, die keinen Sinn darin sehen, ihre Zeit mit Warten, Drill und dem Einüben von Kriegshandlungen zu verbringen, nur noch beweisen, dass sie keine Drückeberger sind, sondern dass sie sogar bereit sind, anderthalb mal so lang einen zivilen Einsatz zu leisten. Dass so viele diesen Tatbeweis erbringen, passt nicht ins militärische Weltbild. De facto führe der jetzt eingeschlagene Weg fast zu Freiwilligkeit, klagte schon bei der Einführung dieser Regel der Armeechef, André Blattmann. Und wenn es so wäre? «Es ist gefährlich, wenn man die Sicherheit einfach den Freiwilligen überlässt». Denn eine freiwillige Miliz ist etwa das schlimmste, was Armee-Obere sich vorstellen können: «Eine Armee aus Rambos» heisst das Schreckgespenst, das sie an die Wand malen.

Ist es nicht seltsam, dass man sich beim Militär offenbar zutraut, aus Pazifisten, «Faulpelzen» und «Drückebergern» gehorsame Krieger zu formen, nicht aber aus übereifrigen lediglich eifrige Soldaten? Dass die ganze Sache einen Sinn ergeben müsste, verlangt aber auch niemand beim Militär. Im Gegenteil: Damit der Zivildienst ähnlich sinnlos wird, wie derzeit der Militärdienst, sollen nun auch hier allerhand Schikanen eingebaut werden. Seit dem Frühjahr werden die Gesuche nun mit einer künstlichen Verzögerung bearbeitet, damit sich niemand mehr direkt vom Militärdienst weg dispensieren lassen kann. Nun fordern die Sicherheits­politischen Kommissionen des National- und Ständerats weitere Hindernisse, wie etwa zusätzliche Verlängerung des Zivildiensts, Übernachten im Bunker, überlange Arbeitstage usw. – und dies am liebsten wieder in Kombination mit einer Gewissensprüfung.

Sowas kann wirklich nur das Militär! Oder könnten Sie sich einen Sozialdienst vorstellen, in dem Sie mit Schlafentzug gedrillt werden – nur weil Sie im Ernstfall, wenn Sie dann mal Kinder haben, ja auch nie mehr durchschlafen werden? Eben. Zum Lachen ist es aber trotzdem nicht. Es ist himmeltraurig, wie viel Arbeit im sozialen und gemeinnützigen Bereich ungetan bleibt oder (zumeist von Frauen) unbezahlt und unbemerkt erbracht wird: mit alten Leuten, mit Behinderten und Kranken, im Landschaftsschutz, mit Kindern, ImmigrantInnen usw. – während das Militär darüber nachdenkt, wie man Männern im besten Alter die Freude an sinnvoller Arbeit vergällen könnte.

Die Diskussion darüber, was ein sinnvoller und notwendiger Dienst an der Allgemeinheit ist, muss viel breiter geführt werden. Die allgemeine Wehrpflicht ist ein uralter Zopf, der endlich abgeschnitten gehört. Und einstweilen – ja! – bin ich für die Wiedereinführung einer Gewissensprüfung: für all jene, die freiwillig eine Waffe in die Hand nehmen wollen.