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Es war einmal ein Mann, der so gute Zäune baute, dass seine Kunst hier einmal gepriesen sei!

Auf einem schönen Flecken mit Pflanzblätz und Weide inmitten einer wunderbaren Lichtung, da führte ein Holzzaun darum herum und am Grenzweg zwischen zwei Gärten entlang. Eines Tages zogen neue Nachbarn ein und nahmen die Latten von ihrem Zaun weg – diese Freiheit, dieses unbegrenzte Grasland fanden sie wunderschön. Herrn X aber störte es: Die Rehe im Wald liebten seinen Garten so sehr, dass sie ihn kahl frässen, wenn man sie nicht durch einen Zaun fernhielte. Auf seiner Seite des Weges wollte er aber keinen: da war noch nie einer … Und so stand eines Tages ohne jede Vorwarnung ein schöner Maschenzaun in der Nachbarn Weide. Nicht genau am Weg, da wo zuvor der Holzzaun war, sondern einige Meter dahinter, mitten in ihrem Gras. Man bat Herrn X, den wegzutun, und lernte die erste Lektion: Voraussetzung für einen Zaun ist, dass einer Land besitzt. Oder umgekehrt? Voraussetzung für Landbesitz ist, dass einer es einfach mal einzäunt?

Später taten die Neuen Schafe zu und richteten den Weidezaun wieder auf. In eine Ecke, im Schatten hinter Herrn Xs angrenzendem Gartenhaus, legte man ein Pilzgärtlein an, weil da sonst nur Moos gedieh. Das musste Herrn X missfallen haben, denn er stellte ein grosses, baufälliges Hühnerhaus mittendrauf und ging in die Ferien. Zum Glück waren hüben starke Männer zugegen, die im Garten halfen, und mit vereinten Kräften gelang es denen zu dritt gerade eben, den Verhau wieder zurückzuhieven. Zunächst verstanden die Nachbarn die Welt nicht, als Herr X das Ding bei seiner Rückkehr einfach wieder hinstellte – an Kraft mangelte es ihm nicht –, dazu einen neuen Eckpfosten ihres Zauns ausriss und sie obendrein anbrüllte, was sie sich erlaubten. Bevor er das Hühnerhaus endgültig entfernen würde, wollte Herr X sein Gartenhaus einen Meter ins benachbarte Land hinein verbreitern. Und die Fläche vor und hinter dem Anbau musste man ihm abtreten. Dann nahm er sich noch Platz für einen Weg aussen herum und einen Vorplatz davor und baute den neuen Maschenzaun darum herum auf dem Land der Nachbarn. So lernten diese also die zweite Lektion: Angriff ist der beste Angriff.

Etwas blieb Herrn X zwar verwehrt: Zu gerne hätte er auch den offenen Sitzplatz der Nachbarn eingezäunt, damit seine Hühner nicht durch diese Lücke in seinen Pflanzgarten schlüpften. Der Freilauf von Freilandhühnern ist nämlich sakrosankt. Einmal schlug er quer über den gemeinsamen Hof Pflöcke ein; eines schönen Osterfestes wollte er alle Gartenwege absperren – es wurde verhindert. Aber Herr X gab nicht klein bei, kannte auch subtile Wege, seine Grenzen zu erweitern. Wie annektiert man zum Beispiel anderer Leute Misthaufen? Ganz einfach: Man erklärt ihn zum Garten und pflanzt Kürbisse drauf. Dann gibt man sich grosszügig: «Wir können gerne teilen, ihr könnt die Ecke zum Stall hin bepflanzen.» Als ihm der Miststock abgetreten wurde, konnte er ihn endlich einzäunen. Mit einem soliden Holzzaun. Der Dorfbauer liefert jetzt winters den Mist an. Neulich fehlte da plötzlich ein Stück vom Zaun. Aber man hat es wiedergefunden: Es steckt jetzt grad so zwischen den Grundstücken, dass es einen breiten, dichten Schatten auf den Nachbarsgarten wirft. Alle Welt staunt und lernt von Herrn X: Nach dem Krieg ist vor dem Krieg …