Arme Väter?

Gerne nehme ich die Einladung meiner streitbaren Leserschaft an, das Thema der erzwungenen gemeinsamen Sorge weiter zu diskutieren. (Da ich selber die Betreuung und die Erwerbsarbeit FREIWILLIG mit meinem Ex teile, kann ich neben meinen theoretischen Überlegungen auch einen ganz realen Praxisbezug beisteuern.)

Zuständig für die Machtverhältnisse in unserem Patriarchat sind die Patres = Väter. Im Engagement für Väter, die sich wirklich tätig um ihre Kinder kümmern, sind die mächtigen Väter in den Chefetagen und in der Politik unglaublich träge. Emanzipation bleibt Frauensache. Strukturen, die die Position der Frauen in der Arbeitswelt stärken, werden in diesem Land erbittert bekämpft. Kein Wunder, ziehen sich Frauen zuweilen aus der Arbeit zurück, wenn sie für die Doppelbelastung mit Familien- und Berufsarbeit immer noch 20 Prozent weniger verdienen. Gerade mal 1.6 Prozent aller Väter entlasten die Mütter, indem sie im gleichen Umfang Haus- und Familienarbeit leisten. So hat es das Bundesamt für Statistik erhoben, und so kann es jedeR im eigenen Umfeld beobachten. Die allermeisten Männer engagieren sich zu Hause nur, wenn der Staat sie zwingt – etwa in Schweden, wo Väter zum Elternurlaub verpflichtet sind.

Da drängt sich die Folgerung auf, dass die erdrückende Mehrheit der Väter ihre Rolle gar nicht ernsthaft ändern will: Karriereknick, Teilzeitarbeit, Hausarbeit, Sorge, Erziehung und Pflege delegieren sie gerne weiterhin an die Mütter. Wenn die Mütter bei der Trennung Vorrechte geltend machen, ist das nur gerecht: Denn sie haben in den strengen und entbehrungsreichen Babyjahren am meisten geleistet, am meisten verzichtet und am meisten in die Beziehung zum Kind investiert.

Diese Vorleistung an die Kinderaufzucht während der Ehe muss denn auch der massgebliche Wert bei der Zuteilung der Kinder bleiben. Nichts anderes wird heute praktiziert. Die Mütter haben – freiwillig oder nicht – die engere Bindung an ihre Kinder. Diese im Auftrag einer abstrakten, fragwürdigen «Gerechtigkeit» zu kappen, wäre grausam. Ebenso wie es allzu oft den Rahmen des Zumutbaren sprengt, ein Kind zwischen zwei verkrachten Eltern hin- und herzuschieben (ich spreche aus Erfahrung). Solche Dinge umfasst der Begriff «Kindswohl».

Ein ERZWUNGENES gemeinsames Sorgerecht dient diesem kaum, ZWINGT aber alle Frauen praktisch lebenslänglich zu ihrem Mann. Das Recht, sich definitiv scheiden zu lassen, würde faktisch abgeschafft für alle Mütter, die nicht zur reinen Gebärmaschine degradiert werden wollen.

Wahrscheinlich gibt es eine kleine Minderheit von Vätern, die wirklich ungerecht behandelt werden. Das kann das beste Gesetz nicht verhindern. Aber solange sich die Väter an der Macht nicht tatkräftiger für ein gesamtgesellschaftlich gerechteres Verhältnis zwischen den Geschlechtern einsetzen, wirken Väter in der kollektiven Opferrolle unglaubwürdig.

Dass nun wieder einmal die Frauen zu etwas gezwungen werden sollen, zeugt vom verletzten Stolz und der Machtgier der Patriarchen – und zeigt wenig Familiensinn.