Alles Lüge?

Liebe erboste Väter!

Ist es Absicht oder Dummheit, dass ihr mir alle unterstellt, ich sei gegen die gemeinsame elterliche Sorge? Wie könnte ich! Schliesslich bin ich weit und breit die einzige Frau, die sich trotz zerrütteter Beziehung das Kind mit dem Ex teilt. Im Gegensatz zu euch allen weiss ich also, wovon ich rede! Und deshalb bin ich (bitte jetzt ganz gut aufpassen) dagegen, dass der Mann nach einer ZERRÜTTETEN Ehe seine Frau GEGEN IHREN WILLEN zu weiteren 20 Jahren erbittertem Seilziehen ZWINGEN kann. Ich bin sehr für echte Väter – und nicht nur Frühstückszubereiter oder Feierabendfussballer, aber wo seid ihr denn? Diese 1.6 Prozent von euch (die Zahl ist weder Boulevard noch gelogen, sondern Bundesamt für Statistik), die sich TATSÄCHLICH vor der Scheidung die Haus- und Familienarbeit paritätisch mit den Müttern teilen, sind einfach ein schaurig winziger Club für so viel Lärm und Zwang. Und eure Befürworter im Nationalrat – wann haben die denn alle ihre Hausmannphase gehabt? Vor oder nach Militär, Karriere, Politik, Verein, Hobby? Weisch, männerzeitung: Das stinkt mir grausig danach, dass es Männer einfach normal finden, Männern ein neues Recht ohne eine neue Pflicht zuzuschanzen. Die gegenwärtige Weltordnung mit den Hausmuttis ist doch auf eurem Bockmist gewachsen, solange ihr noch alle Rechte inne hattet; aber wenn ein Mann mal etwas Notwendiges tut, was die Frau schon Tausende von Jahren ohne irgendeinen besonderen Vorteil getan hat, dann aber Täterää! Her mit den Vorrechten!

Nun, ich muss mit konstruktiven Vorschlägen für heillos zerstrittene Paare leider passen. Ich finde: Das Gesetz soll nicht zusammenfügen, was die Liebe getrennt hat. Aber ihr habt sicher lauter stringente Antworten auf die zahlreichen Fragen, die sich mir aus Jahren der gelebten geteilten Sorge (oder soll ich sagen: doppelten Sorge?) stellen:

Wie weit darf die Ex-Frau wegziehen, damit der Schulweg des geteilten Kindes noch in beide Richtungen zumutbar ist? Was passiert, wenn die Frau wieder heiratet, z.B. nach Genf? Gilt das auch für den Mann? Wer überwacht die Hausaufgaben während der geteilten Woche? Geht ihr zusammen ans Elterngespräch oder abwechslungsweise? Wer nimmt frei, wenn das Kind krank ist? Zügelt das Kind, wenn es krank ist, auch hin und her? Wie kontrolliert ihr den Schoggi-, Cola-, Chips-, Video-, Computerkonsum? Die Badefrequenz? Könnt ihr alle 100% arbeiten und zusätzlich noch ein guter Vater sein? Oder woher kommen plötzlich all die Teilzeit-Jobs für alle Väter und wieso gibts die eigentlich nicht heute schon? Betreut ihr das Kind selber oder gebt ihr es auswärts oder macht das die Neue? Auch solange es noch Säugling ist – oder ist für den Mutterschaftsurlaub dann doch die Mutti gut? Wie einigt ihr euch darauf, was Luxus und was notwendig ist? Kauft ihr alle Velos, Rollschuhe, Meerschweinchen, Playstation, Trottinetts, Winterstiefel, Mäntel, Schlitten und Skihosen doppelt oder fährt ihr das mit dem Leiterwagen hin und her (von Genf nach Zürich)? Welches Kind findet es toll, nirgends richtig zu Hause zu sein, nie die gewünschten Kleider, das verlangte Spielzeug, die Freunde aus Haus A bzw. Haus B treffen zu können?
Und das alles dient ganz bestimmt immer nur dem Kindswohl?