Frauen verstümmeln

Eine akrobatische Denkleistung vollbrachten Anita Thanei, Andrea Martina Geissbühler, Christa Markwalder Bär, Barbara Schmid-Federer, Brigit Wyss, Lukas Reimann und Daniel Jositsch. Sie beschlossen (als Subkommission der nationalrätlichen Rechtskommission) einstimmig, dass selbst schwere Genitalverstüm­melungen an Frauen ab 18 in der Schweiz zukünftig erlaubt sein sollen. Wovon reden wir da eigentlich? (Ich hoffe, Sie sind nicht gerade beim Essen.)

Klitoridektomie (Typ I): Partielle oder totale Entfernung der Klitoris und deren Vorhaut (Typ Ib); seltener wird einzig die Vorhaut der Klitoris entfernt (Typ Ia). Exzision (Typ II): Partielle oder totale Entfernung der Klitoris und der inneren Schamlippen, mit oder ohne Entfernung der äusseren Schamlippen. Infibulation (Typ III): Entfernung der inneren und/oder äusseren Schamlippen, die Wundränder werden anschliessend bis auf eine minimale Öffnung zugenäht; zusätzlich evtl. Entfernung der Klitoris. Andere Formen (Typ IV): Alle anderen Verletzungen der weiblichen Genitalien aus nicht therapeutischen Gründen, etwa die Klitoris / Schamlippen einstechen, durchbohren oder einschneiden, dehnen; Klitoris ausbrennen, Gewebe um Vagina abschaben, diese einschneiden oder verengen mittels Salz, Kräutern oder ätzender Substanzen.

Laut Gesetzesentwurf stellen Ib, II und III schwere Körperverletzungen und somit Offizialdelikte dar, müssten also von Rechts wegen verfolgt werden. Eine Einwilligung des Opfers wäre nur möglich, wenn sie «im Blick auf das wohlverstandene Interesse des Betroffenen als eine sinnvolle oder doch vertretbare Entscheidung anzuerkennen ist … Daraus folgt, dass bei der Klitoridektomie des Typs Ib, bei der Exzision und der Infibulation weder eine Einwilligung des Opfers noch eine stellvertretende Einwilligung der Eltern möglich ist.» Die Typen Ia und IV hingegen sind einfache Körperverletzungen, und nur in solche darf ein urteilsfähiges (also erwachsenes) Opfer einwilligen. Damit wäre klar, dass die schweren Genitalverstümmelungen auch bei Erwachsenen nicht erlaubt sein dürfen.

Nun ist aber die Kommission «der Ansicht, dass in diesem Punkt die Migrantin, die sich einer traditionellen Genitalverstümmelung unterzieht, um ihre Heiratschancen zu erhöhen, nicht anders behandelt werden soll als eine Schweizerin, die sich aus ästhetischen Gründen die Schamlippen ver­kleinern oder die Vagina verengen lässt.» Und darum soll jede freiwillige Genitalverstümmelung ab 18 möglich sein. Pardon? Damit die Kosmetik möglich bleibt, muss auch die schwere Körperverletzung erlaubt werden? Man schreibt 22 Seiten voll über den unterschiedlichen Schweregrad von Genitalverstümmelungen, um sie dann in einen Topf mit Piercings und Tattoos zu werfen – als ob es dem Gesetz unmöglich wäre zu sagen: Letzteres geht, ersteres geht nicht!

Es soll also Normalität werden, dass erwachsene Frauen mit amputierten Genitalien herumlaufen. Ein Übergriff, der weltweit zur Unterwerfung der Mädchen gegen ihren Willen praktiziert wird, beruht exklusiv in der Schweiz auf Freiwilligkeit. (Denn nachdem das Mädchen traditionell auf Gehorsam und Selbstverleugnung getrimmt wurde, entschliesst es sich mit 18 ganz freiwillig zur Verstümmelung.) Nicht nur Feministinnen, nicht nur AntiislamistInnen, auch gestandene Strafrechtsexperten finden: Das ist Barbarei!