Geld interessiert mich sehr. Es fuchst mich darum, dass Anfang März nicht an der «Nachhaltigkeitswoche» der ETH und Uni Zürich teilnehmen konnte. Dort stand unter anderem die Frage im Zentrum, ob man Geld nachhaltig machen könne und wie seine nachhaltige Verteilung aussähe. Da ich aber arbeiten (und Geld verdienen) musste, las ich eben die Veranstaltungsbroschüre und fand eine verblüffende Antwort von Daniel Straub (Initiative für ein Bedingungsloses Grundeinkommen) auf die Frage, wo er den Handlungsbedarf beim Thema Geld in Bezug auf Nachhaltigkeit sehe: «Ich verstehe noch nicht, was Geld überhaupt ist und wie unser Geldsystem funktioniert … Vielleicht geht es anderen Menschen ähnlich. Somit besteht der erste Handlungsbedarf im Entwickeln eines neuen Bewusstseins für Geld.»
An meiner Arbeit, der Schule, bzw. im Lehrplan 21, wird tatsächlich neu der Fachbereich «Wirtschaft, Arbeit, Haushalt» verankert. Oberflächlich gesehen könnten die vorgesehenen Inhalte ganz gut zu einem neuen Bewusstsein für Geld führen: Nachhaltigkeit wird oft erwähnt, auch kritischer Konsum, die Schuldenfalle und ein verantwortungsvoller Umgang mit Geld. Genauer betrachtet wird das alles, wie auch die persönliche wirtschaftliche Situation, als ein reines Ergebnis freier Entscheidungen abgehandelt (als «Lebensstil»). «Über Geld nachdenken» erschöpft sich darin, Märkte, Wettbewerb und Handel zu verstehen. Eine analytische Betrachtung der heutigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung unter historischen oder politischen Fragestellungen fehlt gänzlich, und Nachdenken über Alternativen scheint nicht vorgesehen.
Trotz diesem recht wirtschaftskonformen und mit seinem «rational choices»-Ansatz durchaus neoliberalen Weltverständnis kam von rechts der Vorwurf der linksgrünen Ideologie. Beat Kappeler von der NZZ forderte noch die Lernziele doppelte Buchhaltung, Produktivität, Anlagen, Aktien, Obligationen, Abdiskontieren usw. Und Avenir Suisse stach eine «linksgrüne Konsumkritik» ins Auge – man erhalte den Eindruck, es gehe um die Vermittlung einer «konsum- und wachstumskritischen Verhaltensweise» (beide zit. nach zlv-Magazin 2/14).
Das klingt nach einer beinahe totalitären Geisteshaltung, die sich jede Kritik verbittet. Tatsächlich hat die neoliberale (oder neoklassische) Ideologie bereits die akademische Forschung und Lehre weitgehend monopolisiert: So kritisierten Studierende der Wirtschaftswissenschaften an der UZH 2013 die einseitig der Neoklassik verpflichtete Lehre an ihrer Fakultät. Und In Harvard etwa wurden schon in den 70er-Jahren alternative Stimmen zum Verstummen gebracht, indem man nicht-konformen Wirtschaftsprofessoren konsequent die Lehre verweigerte (s. Tiago Mata, 2009). An der Volksschule hat die Wirtschafts-Ideologie nicht nur mit Technologie-Sponsoring Terrain gewonnen. Ein gemeinnütziger Verein YES (Young Enterprise Switzerland) bietet für die Schule – juhui, gratis! – «praxisorientierte Wirtschaftsbildungsprogramme» an mit dem Ziel, «die Wirtschaft mit der Schule zu vernetzen». Rund 80 Prozent der Sponsoren sind Banken, Wirtschafts- oder Finanzdienstleister oder werden von deren Exponenten präsidiert…
Noch mehr davon wäre wirklich ungesund. Denken wir gründlicher über Geld nach, über die neoliberalen Credos der Selbstoptimierung, der Eigenverantwortung, des Wettbewerbs, der Technologisierung – und brechen wir das Kritik-Tabu!