Pensionskassen: Alles wird Gut!

Vorgestern las ich im Tagi, dass man in der Schweiz ohne Zulassungshürde und auch ohne Aufsicht Pensionskassengelder verwalten kann. Das hat mich nicht erstaunt, denn es passt zu den übrigen Seltsamkeiten dieses Zwangsspar-Systems. Jedoch war ich erleichtert, auf Tagi Online zu erfahren, dass immerhin jene, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, Vorgaben erfüllen müssen bezüglich Risikokontrolle und Geschäftsführung. Von diesen können die Privaten sich auf jeden Fall freiwillig und unverbindlich die gute Praxis abschauen.

Zwar vielleicht nicht unbedingt die horoskopgestützten Anlagestrategien der BVK. Ein Vier-Milliarden-Debakel verärgert die SteuerzahlerInnen, insbesondere wenn sie deswegen zwei Milliarden einschiessen wollen müssen, um Schlimmeres zu verhüten. Dass man sich aber – wie die Finanzdirektion –  trotz Aufsichtspflicht keineswegs verantwortlich fühlen muss, lädt auf jeden Fall zur Nachahmung ein. Es lebt sich einfach leichter ohne lästige Schuldigkeit. Wer wüsste besser als die aktuelle Finanzdirektorin, dass man öffentlich keine Schuld eingestehen soll, wenn man nicht rechtlich dafür belangt werden will? Das sollten sich private Pensionskassen-Verwalter für den Fall der Fälle auch merken.

Lavieren und Herumeiern stehen als nächstes auf dem Stundenplan der autodidaktischen Ausbildung zum Pensionskassen-Verwalter. Hier zur Anschauung ein Schreiben, das ich im Dezember 2012 von Ursula Gut erhielt. Sie teilte mir mit: «Wir haben ein sehr anspruchsvolles, intensives Jahr hinter uns, das uns stark gefordert hat.» «Ja, gälledsi, die cheibe Pensionskasse!», wollte ich schon zustimmend einfallen, aber sie meinte anderes: «So mussten wir mitansehen, wie die Verschuldungskrise in vielen europäischen Ländern direkt auf die Bevölkerung durchgeschlagen hat.» Also, das jetzt wieder! Tausendsassa Gut klatscht vier Fliegen auf einen Schlag: 1. Vom tatsächichen Problem (BVK) ablenken; 2. Zeige Empathie, das bringt dir Sympathie («mussten mitansehen», seufz); 3. Wasser auf die eigenen Mühlen: Nicht neoliberale Austerität, sondern die böse «Verschuldungskrise» plagt die Bevölkerungen; 4. leicht bedrohlich mit dem Säbel rasseln (wehe uns, wenn die böse Krise auch hier «durchschlägt»!). Weiter geht’s mit intimitätsbildender Frustgemeinschaft: «Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Schweiz» (sc. bei Schwarzgeldverwaltung und Steuerhinterziehung) «immer weniger auf traditionelle Verbündete zählen kann». Wir armen Milliardäre! «In der Finanzbranche scheint kein Stein auf dem anderen zu bleiben» – Ja, wie sollen wir alle ohne krumme Geschäfte am Leben bleiben?? Doch Gut spendet Trost: «Dennoch war 2012 für die Schweiz insgesamt ein gutes Jahr» – also für Frau Gut auf jeden Fall, sie kam ungeschoren davon. Nun noch ein wenig einheizen: «Aber wir bewegen uns in einem schwierigen Umfeld … der Druck der EU auf unsere Unternehmensbesteuerung» usw. usf. Dann doch noch, en passant gegen Ende des Briefs: «Das vom Kantonsrat mit grossem Mehr beschlossene Massnahmenpaket für die Sanierung der BVK hat gezeigt, dass auch gewichtige Vorhaben gelingen und demokratische Mehrheiten finden können, wenn sie gut begründet und ausgewogen sind.» Oder wenn nichts besseres übrig bleibt? «Das», meint Gut, «soll uns ein Ansporn sein». Hopp, private Pensionskassenverwalter, auswendig lernen und dreimal aufsagen!