Female Troubles

Es ist noch nicht lange her, da wurde medial lauthals das grosse Leid der Knaben an unseren Schulen beklagt. Wie komplett das System in Frauenhand und daher verweichlicht sei. Wie wenig das ewige Stillsitzen der biologischen Bestimmung der Jungens zur Wildheit entspreche, und wie sehr die Schule darum die Mädchen bevorzuge.

Nun wurde kürzlich eine Studie veröffentlicht, die das Wohlbefinden der Teenager an der Volksschule erhoben hat. Während die meisten Medien berichteten, dass sich Jugendliche in unteren Bildungsniveaus schlechter fühlten als andere, wurde der Genderaspekt zumeist heruntergespielt. Das ist erstaunlich, zumal die NZZ – beileibe kein Emanzenblatt – zu folgender Konklusion kam: «Die Mädchen und der steinigere Weg zum Glück – Eine Befragung zum Wohlbefinden von Stadtzürcher Teenagern zeigt klare Unterschiede zwischen Geschlechtern und Schultypen auf.» Mädchen fühlen sich generell unglücklicher und sind suizidgefährdeter. Aha? Also doch nicht der grosse Katerjammer unter den Knaben wegen weiblicher Unterknutung von der Wiege bis zur Lehre? Die Verfasserin der Studie, die Schulärztin Ferdinanda Pini, zieht jedenfalls den Schluss, dass die Prävention noch zu wenig auf die Bedürfnisse von Mädchen eingehe. Diese zögen sich bei Problemen oft zurück – und würden deshalb seltener für schulpsychologische Abklärungen angemeldet als die eher verhaltensauffällig werdenden Knaben.

Als Gründe für die Verzagtheit wurden genannt: «Berufswahl, Schule, Stress». Was einem Teenager halt zu Bewusstsein kommt. Frauen, die ihre Mädchenzeit reflektieren, erinnern sich vielleicht konkreter: Plötzlich wurden sie als Sexobjekt behandelt; Täterkreis vom Schulkameraden bis zum Tattergreis (ekelerregend). Sie verglichen ihren Körper mit den Superfrauen allüberall (niederschmetternd). Sie merkten, dass gute Noten doch nicht zum Ziel führten (desillusionierend). Sie sahen die Welt von Eminenzen in Herrenanzügen regiert (frustrierend). Sie sollten cool sein wie die Knaben, und immer damenhaft (paradox). Vor ihnen ein schmaler Grat, ein enger Korridor mit wenigen Türen …

Weil aber nicht sein kann, was nicht sein darf, muss so ein Befund, trotz «seriös wirkender Versuchsanlage» (NZZ) in Frage gestellt werden. «20 Minuten» hakt nach. Erstens beim Volk. Mädchen, 18: «Ich glaube nicht, dass Mädchen mehr rauchen und trinken als Jungs, sie vertragen es einfach schlechter.» Zweitens beim O-Ton-Lieferanten Nr. 1 in Sachen Biologismus, Allan Guggenbühl. Das ist lustig. Denn Guggenbühl meint ja, dass Knaben und Mädchen grundsätzlich verschieden empfinden. Einfach andersherum. Dass Mädchen an dieser Welt mehr leiden sollen als Knaben, stösst sich mit seinem Denkgebäude, welches besagt, dass die Frau mit manipulativer Macht den Mann an seiner animalischen Entfaltung hindere. Was nun? Einfach leugnen: «Mädchen haben kein tieferes Selbstwertgefühl und es geht ihnen auch nicht schlechter. Sie reden einfach über ihre Gefühle. Das sagt aber  nichts über ihre wahre Befindlichkeit aus.» Diese kennt eben nur der Guggenbühl allein. Darum weiss er auch, ob man Mädchen speziell helfen sollte oder nicht: «Auf keinen Fall. Geschlechterunterschiede sind nicht schlimm.» Jedenfalls dann nicht, wenn es um suizidale Tendenzen bei Mädchen geht, gell!