Keine Pilzkolumne

Keinesfalls möchte ich meinem Kolumnenpartner ins Pilzgärtlein treten und seine Pilzkolumne plagiieren. Dies hier ist keine Pilzkolumne! Sondern eher eine Schicksals-, Lern-, Gift-, Wettbewerbskolumne, oder … – urteilen Sie selbst:

Das Schicksal hat offenbar von langer Hand geplant, dass ich Pilzkontrolleurin werden soll. Es verpflanzte meinen Wohnort in den Wald und segnete mich mit einem annähernd pilzsüchtigen Gatten. Dann liess es einen Pilzkontrolleur aus unserem Verein sich kurzfristig zurückziehen und nominierte meinen Mann und mich zur Nachfolge. Sodann erwirkte das Schicksal, dass die Gemeinde Thalwil die Kurs- und Prüfungsgebühren inklusive Hotel übernahm, und mein Arbeitgeber mir bezahlten Urlaub gewährte. Zu guter Letzt sorgte es mit einem fiesen Sturz auf die Hand dafür, dass ich sowieso ausser Herumsitzen und Lernen gerade keine Hobbys ausüben kann. Tja, und nun muss ich da halt durch!

Das heisst: Eine Woche lang Vorträge, Selbststudium im Pilzkeller und Prüfungen. Aber schon davor gibt es viel zu büffeln. Denn einige Hundert Pilze sollte man schon erkennen (die Fachleute sagen «ansprechen») können, darunter natürlich die rund zweihundert Speisepilze der Schweiz und alle giftigen. Dazu Korbkontrolle, Lebensmittelgesetz, Ökologie und – lebenswichtig im Ernstfall – die Symptome der fünfzehn verschiedenen Pilzvergiftungen und wie man darauf reagiert. Die 22 gefährlichsten Giftpilze muss man mit je rund dreissig Merkmalen in- und auswendig können. Das klingt dann etwa so: Hutform: stumpf gebuckelt, im Alter ausgeflacht und breit gebuckelt. Hutfarbe: orangefuchsig bis blass zimtbraun. Hutoberfläche: matt, samtig-filzig bis faserschuppig, alt kahl. Fleisch: fuchsig, alt gelborange. Lamellenfarbe: rostfuchsig, safranfuchsig bis zimtbraun. Lamellenhaltung: mit Zahn angewachsen bis fast frei, entfernt, dicklich, am Grunde aderig verbunden. Sporenpulver: rostfarbig bis rostbraun. Stiel: gelb-goldgelb, schlank, zylindrisch, zur Basis oft verjüngt, vollfleischig, faserig, Cortina flüchtig. Geruch: rettichartig, eigenartig. Geschmack: mild. – Nach Genuss dieser Art würde man jedoch unbehandelt elendiglich zugrunde gehen. Da leuchtet es ein, dass PilzkontrolleurInnen nach Lehrbuch keine telefonischen Auskünfte erteilen sollen…

Im Pilzmilieu kursieren natürlich auch lustige Anekdoten – wie jene von dem Kindergartenkind, das einen Pilz vom Rasen ass, mit der besorgten Mutter vom Ärztefon (völlig korrekt) in den Notfall geschickt wurde, dort nach heftiger Therapieverweigerung die flüssige Aktivkohle-Giftprophylaxe zwangsweise eingeflösst bekam (wozu es von mehreren Pflegenden festgehalten werden musste) und schliesslich – von oben bis unten kohlenschwarz besudelt – vom herbeigerufenen Notfall-Pilzexperten erfuhr, dass der konsumierte Pilz ganz harmlos war. (Das ist natürlich auch nur bedingt lustig, etwa solange man nicht selber das Kind oder dessen Mutter ist.)

Nun aber der Wettbewerb: Zeichnen Sie den oben beschriebenen Pilz (arbeiten Sie vor allem die Farbabstufungen deutlich heraus) und bestimmen Sie ihn nach Gattung und Art. Unter den richtigen Einsendungen entscheidet das Los. Als Preis winkt ein Gläslein eingemachter Wildpilze aus dem Hause der (hoffentlich!) künftigen PilzkontrolleurInnen. Drücken Sie die Daumen!