Landleben

Die Bäckerin an der Westtangente wusste natürlich nicht, dass ich in Zukunft nicht mehr automatisch an ihrem Laden vorbeikommen würde, weil ich in Kürze aufs Land ziehen würde. Sonst hätte sie mich bestimmt mit ausgesuchter Höflichkeit bedient, damit ich bei künftigen Besuchen in Zürich extra den Weg zu ihrer Bäckerei unter die Füsse nehmen würde. So aber verlief der Abschied anders. Nachdem ich drei Baguettes bestellt und bezahlt hatte, fragte ich höflichst: «Und dürfte ich dann bit-» – «Natürlich kriegen Sie einen Sack, wenn Sie drei Brote kaufen!», knurrte sie dazwischen. Ich liess sie an der Kasse hantieren und wagte dann einen zweiten Versuch: «Also eigentlich bräuchte ich nur die Quittung.» – «Grummelgrummelmurr Sack?» …

Die Wirtin des Cafés an meinem neuen Wohnort auf dem Lande wusste natürlich nicht, dass ich erst gerade zugezogen war. Sonst hätte sie mich bestimmt mit ausgesuchter Höflichkeit bedient, damit ich künftig den Kaffee bei ihr getrunken hätte. So aber verlief der Empfang anders. Nachdem ich an der Theke bedient worden war, wollte ich mich an einen Tisch setzen. Kaum hatte ich diesen jedoch berührt, stürzte ein filigraner Tischlampenschirm aus Porzellan zu Boden und zerschellte. Die Wirtin schaute mich stumm und böse an und holte den Besen. Eine Kundin schnalzte verächtlich und sagte: «Ja, also!» mit der Satzmelodie von: «Was sind Sie für ein Totsch.» Ich hob, mich entschuldigend, die Scherben auf. Die Wirtin kam und wischte energisch und wortlos den Rest weg. Ich bezahlte und ging.

Gewisse Dinge werden sich also gleich bleiben. Andere jedoch werden ganz anders!

Der Garten sei zu pflegen, steht im neuen Mietvertrag. Der Garten besteht zum einen aus ca. 6 Quadratmetern Kräutergarten, in dem jetzt vor allem die Minze ins Kraut schiesst. Täglich frischer Minzentee! Zum andern ist da eine 1000 Quadratmeter grosse Weide. Wie pflegt man sowas? Wir bewaffnen uns mit Sensen. Ächz. Zu zweit schnippeln wir einen Tag lang. Ein Zehntel ist geschafft. Dann verzetteln, wenden, später zusammenrechen. Nun, wir werden das üben und schneller werden, vielleicht wollen sich ja StädterInnen sportlich betätigen und uns gegen feines Essen beim Heuen helfen. Aber an das Hauptproblem haben wir gar nie gedacht: Wohin mit all dem Heu?? Gerade die Hälfte passt in einen Duvetbezug. Er ist schwer wie eine Sau und wirft mich mehrmals zu Boden. Ich dachte, Heu sei leicht!

Wir fragen den Bauern, der rundum maschinell-rationell zur Sache geht, ob er nicht unsere Weide auch mähen will – das Heu darf er gerne haben! Will er aber nicht. Keine Lust, um Bäume, Zaunpfähle und Steinhaufen herumzukurven, um fremden Leuten den Garten zu machen.

Jetzt geben wirs auf: Ein Inserat auf tier-inserate.ch lockt einen Schäfer (menschlicher Rasse) an. Er macht uns sogar einen Zaun an die Pfähle. Und will zwanzig junge Schafe bringen, die innerhalb von sieben Tagen dem Wildwuchs auf unserem Stück Land den Garaus machen sollen. Seufz! Glücklich und stolz auf unsere Problemlösungskompetenz sinken wir ins Bett und in tiefen ungestörten Landschlaf – bis uns Nachbars Güggel wecken, zwölf an der Zahl.  Ja, kräht ihr nur noch ein paar Tage lang – nächste Woche grüsst ihr uns stumm aus der Tiefkühltruhe. So ist das in der Natur!