Wenn Sie mich einmal live erleben würden, müssten Sie merken, dass ich alles – aber auch alles! – verkehrt mache. Das fängt schon bei der Kleidung an.
Obwohl wir schon zur Genüge gelesen haben, dass bauchfrei definitiv out ist, finden sich in meinem Schrank lauter – huch! (ab jetzt bitte lautlos lesen) – Hüfthosen. Es ist mir ja auch klar, dass das Praktische in der Mode absolut nichts verloren hat. Und dennoch laufe ich aus praktischen Gründen mit tiefer Bundhöhe herum. (Nun kommen Sie mir aber nicht mit erkälteten Nieren; darüber lacht sogar mein Nephrologe.) Erstens: Es gab in den letzten paar Jahren gar keine anderen Hosen zu kaufen. Zweitens: Warum soll etwas, was die Abschwörerinnen von heute gestern noch zur Schau trugen, jetzt schon auf den Müll gehören? Drittens: Nur solche Hosen besitzen die Höflichkeit, bereits unter dem Bauch aufzuhören, was diesen ungemein entspannt. Und überhaupt: Wer sich lustig macht über Hüfthosen, die Speckröllchen herausquetschen, hat wohl in erster Linie etwas gegen Speckröllchen und wird sich wohl auch lustig machen über Taillenhosen, die Speckröllchen rund um den Unterhosenrand abzeichnen. Und ich will – verkehrte Welt! – meine Speckröllchen nun mal nicht loswerden.
Ebensowenig wie meine unglaublich gestrige Frisur. Jetzt ist ja der Bob wieder in. Bob war bei mir vor 10 Jahren angesagt, und das Gefranse, das ich heute trage, lässt sich einfach leichter selber schneiden. Nun glauben Sie bloss nicht den Erscheinungen! Ich sehe nämlich schon lääängst nicht mehr aus wie auf dem Foto oben. Das ist schon bald drei Jahre alt, ich selber bin unterdessen aber mindestens fünf Jahre älter geworden. Die ewige Jugendlichkeit hat ihren Kelch mit einem hämischen «Selber schuld!» an mir vorbeigeführt.
Und dann meine Hobbys. Ja! Hobbys. Eine echte Künstlerin bin ich halt nicht. Das ist mir bewusst geworden, als ich letzthin in einer Wettbewerbsausschreibung las: Nur KünstlerInnen, die von der Kunst leben wollen, dürfen sich bewerben, und keine HobbyzeichnerInnen. Nun frage ich Sie: Wer tagsüber Geld verdient, sich gezwungenermassen weiterbildet, weil das erst zehn Jahre alte Diplom nichts mehr taugt, nebenbei ein Kind versorgt und drum nur nachts zum Malen kommt, muss ja wohl Hobbykünstlerin sein, oder? Aber vielleicht könnte ich mich dahingehend selbst betrügen, das Kind als Hobby auszugeben? Äch, alles irgendwie kreuzverkehrt.
Und sowieso ist da auf einem Bild von mir eine Hand total verkehrt herum gemalt, meinte ein alter Freund (?) von mir neulich bei der Vernissage. Ich habe natürlich – Fauxpas! – protestiert, und die Retourkutsche war nach ein wenig Bigtalk (über Politik, Krankheit, Geld usw., weil ich Smalltalk ja nicht mag) seine Frage: «Bist du etwa ernst geworden?». Tatsächlich. Zu blöd aber auch. Er hat natürlich nichts gekauft.
Wer also sehen will, wie die verkehrteste Kolumnistin der Welt inmitten ihrer unsäglichen Hobbykunst die Gäste mit einer total outen Frisur und ernster Miene vergrault und absichtlich Speckröllchen aus ihren Hüfthosen quellen lässt, der soll diesen Freitag von fünf bis acht oder Samstag von zwei bis sechs an die Zentralstrasse 134 in Zürich kommen und so viel Wein trinken, bis alles wieder im Lot erscheint. (Schleichwerbung!)