Zweierlei Esel

Weil es gesund und Frühling ist, bin ich wieder öfters mit dem Velo unterwegs. Eines Morgens fuhr ich frisch drauflos mit dem Klappvelo zum Bahnhof und stieg in die S-Bahn. Ich bin ja eine ehrliche und manchmal sogar vorauseilend gehorsame Person, und so löste ich trotz Klapp-Klepper vorher noch ein Velobillett. Man weiss halt leider nie so genau, wie die Bahn es gerne haben möchte. (Denn ein andermal stieg ich mit einem Fahrrad samt -Billet bei der Tür mit Velozeichnung drauf ein und stellte es auf das winzige Plätzchen, das dort zur Verfügung stand. Prompt bemängelte die Kondukteurin, das Velo blockiere die Verbindungstür zum Folgewagen. Kurzer Blick hintenraus: kein Waggon angehängt. Es war auch nicht möglich, das Velo irgendwo nicht vor eine Tür oder den Mitreisenden in den Weg zu stellen. Die Kondukteurin gab sich jedoch gnädig und wollte noch mal ein Auge zudrücken … )

Nicht so die beiden feschen Bahn-Securities in Kampfmontur, die im überlegenen Schlendergang auf mich zustrebten, als ich am HB wohl allzu spähenden Blickes und in einem viel zu auffällig orangeroten Mantel eine Möglichkeit suchte, um meinen Klappesel für zwei Augenblicke anzubinden – während ich im Fachgeschäft etwas kaufen wollte. Um ihnen den grimmigen Wind aus den Segeln zu nehmen, ging ich gleich proaktiv auf meine uniformierten Mitmenschen zu und fragte, ob ich wohl kurz hier mein Velo abstellen dürfte. Fehlanzeige. Was als rhetorische Frage und pure Höflichkeitsfloskel gemeint war, wurde kaltschnäuzig abgeschmettert. Schüchterne Nachfrage von wegen Velotransport durch SBB und Umsteigebahnhof und so. Nix da! «Sie können sich ja vorstellen, wie das hier aussehen würde, wenn da jeder wollte.» Ich sah mich um und suchte vergeblich nach den Myriaden velobewehrter Reisender, die gerade hier beim Umsteigen ihr Gefährt anstellen wollten. «Draussen hats genug Veloparkplätze», wurde mir beschieden. Wir alle wissen, dass das Unsinn ist. Ich blieb jedoch höflich: «Nun, aber dann verpasse ich meinen Anschlusszug. Ich parke ja nur 3 Minuten.» Stummes Kopfschütteln. «Für mein Klappvelo habe ich sogar ein Billett, obwohl es strenggenommen nur ein Gepäckstück ist. Und Gepäck darf man ja hier abstellen, oder?» So argumentierte ich und begann mit dem Zusammenklappen meines fahrbaren Steins des Anstosses, um es mehr wie ein anerkanntes Gepäckstück aussehen zu lassen.

Diese Provokation liess mein Gegenüber den verbalen Knüppel aus dem Sack holen: «Selber schuld, wenn Sie Ihren Zug verpassen. Wären Sie nur gleich zum Veloständer gegangen, statt hier herumzudiskutieren, Sie …» (Zimtzicke? Schnepfe? Räf? Dumme Pute? Ich habe es wirklich und wahrhaftig verdrängt!) Da drehte ich mich nochmal um – ich war ja schon dabei gewesen, meinen Göppel, der halb zusammengelegt etwa aussah wie ein dreidimensionaler Picasso von einem Velo, in den Laden meiner Wahl zu schieben – und wies darauf hin, dass diskutieren nicht verboten sei; dass ich immer höflich geblieben sei, obwohl ja ich und nicht er schikaniert worden sei. Dass er immerhin im Dienst sei und es wohl nicht zu seinem Job gehöre, Bagatellen zur Eskalation zu bringen. Nun war Ruhe – Triumph! Aber seither studiere ich diesem Ausdruck nach. Ein saftiges schweizerdeutsches Schmähwort für blöde Weibsbilder … Gopf!