Gadgets Galore

Reden wir doch mal über Geld. Kürzlich durfte ich stolz einen Betrag zur Bank tragen. Nicht das Geld hat mich mit Stolz erfüllt, sondern die Tatsache dass es die Alternative Bank war. Eigentlich wäre das Geldgeschenk nämlich eine Anlage in Schweizer Immobilien gewesen, mit beträchtlicher Rendite, versteht sich. Nach kurzem Überlegen… ok, nach mittellangem Überlegen entschied ich mich gegen die Spekulation und für die Alternative. Zum Glück gibt’s solche Institutionen, die ernsthaft etwas bewirken wollen!

Irritiert hat mich nur ein Detail. Frau Müller vor der Bank: Wo ist denn hier die Glocke? Dieses Dingens da? Mal drücken. Geht nicht. Aha, da ist ein LCD-Display über einem Knubbel, der beim Herumdrehen durch die Mietparteien des Gebäudes scrollt. Schon ein wenig defekt, aber nach rund fünf Minuten klappts mit dem Klingeln. Etwa ähnlich nützlich finde ich die Leuchttafeln an den Tramhaltestellen, auf denen steht, wann das nächste Tram kommt – ausser bei Verkehrschaos, dann wird auf den Aushängefahrplan verwiesen. Natürlich kenne ich auch das Argument, dass die Bildschirme in der S-Bahn für die Gehörlosen sind – es leuchtet mir immer dann besonders ein, wenn Information durch den Lautsprecher schallt, während der Bildschirm blinkt: «Bitte Durchsage beachten». Auch über ÖV-TV im Bus freue ich mich, solange ich nicht nachprüfen möchte, bei welcher entfernten Haltstelle ich umsteigen muss. Denn im Gegensatz zum alten Streckenplan kann der neue Bildschirm immer nur die nächsten drei Stationen anzeigen.

Alle wissen offenbar, warum diese Dinge heute nötig sind – nur ich nicht. Ich kaufe auch nicht alle zwei Jahre ein neues Handy. Meins ist vor drei Jahren auseinandergefallen und wird seither von einem Spargelbund-Gummi zusammengehalten. Macht ja nichts, es funktioniert auch so. Dabei bin ich gar keine Technik-Verächterin. Solarenergie etwa finde ich super, und den medizinischen Fortschritt erst! Ich hoffe drum, dass irgendein segensreiches, von mir aus gerne auch technisches Entwicklungsprojekt dank alternativem Bankkredit die fetten Zinsen einspart, auf die ich verzichtet habe. Dass nun aber die ganze westliche Welt sich darauf eingeschworen hat, möglichst viele unnütze Anwendungen für stromfressende und sondermüllproduzierende Gadgets zu finden, kann und will ich nicht nachvollziehen. Brauchen wir wirklich auf Schritt und Tritt stets den neusten zukünftigen Elektronikschrott?

Ich bin überzeugt, dass wir den Luxus und den Mehrwert solcher Spielereien nicht selber bezahlen. Irgendwo am anderen Ende der Welt frisst jemand Dreck, damit wir unsere überflüssigen Annehmlichkeiten haben können. Wir binden unser Geld an Tand und klagen dann über den Preis des besten Essens und des besten Gesundheitssystems der Welt. So haben auch wir was zu jammern und müssen kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir kein Geld für Solidarität übrig haben. Ich rufe somit auf zum Gadget-Boykott! Verklemmen Sie sich das iPhone und spenden Sie stattdessen an Beat Richner, Médecins sans Frontières, Pro Specie Rara, ein Blindenheim oder was Ihnen sonst für ein guter Zweck einfällt. Und nun gehen Sie bitte zum nächsten Mülleimer, klappen die Schädeldecke auf und kippen so abgestandene Ausreden wie die vom «faulen Afrikaner» und dem «Helfersyndrom» hinein. Wer will, die kann.