Von A. nach A. u. zurück

Als ich neulich mit der Bahn reiste, stellte sich mir eine Frage. Ich ging nämlich im Bahnhof hinter einem Herrn her, der so unglaublich gross gewachsen war, dass sein Hintern nicht weit unter meinem Kinn endete. Nun bin ich zwar eher klein, aber nicht gerade ein Zwerg. Der Hüne trug eine schwarze Unterhose. So viel konnte ich ohne hellseherische Begabung unschwer erkennen, denn die Hose hing – nicht übertrieben – unter der Mitte der Gesässbacken und gab so den Blick auf mindestens die halbe Unterwäsche frei. Es liegt mir fern, Sie mit einem Style-Blog oder mit dem Thema «Guter Geschmack in der heutigen Mode – eine contradictio in terminis?» zu belästigen. Aber wie hält denn eigentlich eine solcherart getragene Hose am Leib? Ich fürchtete jedenfalls die ganze Zeit, das Beinkleid würde der Schwerkraft erliegen, sich in den Füssen des Herrn verheddern und ihn zu Fall bringen, wodurch in der Stosszeit ein Massensturz entstehen und ich den Zug verpassen würde. Glücklicherweise musste ich vor Eintreffen dieses Ereignisses abbiegen und erreichte meinen Zug problemlos. In der Bahn sitzend hatte ich Zeit für Dankbarkeit, vor allem dafür, dass Männer mit der Hose unterm Hintern immerhin keine String-Tangas dazu kombinieren.

A propos Hintern: Als ich neulich im Auto unterwegs war, stellte sich mir eine andere Frage. Ich fuhr gerade friedlich, aber schnittig und voller Vorfreude auf die Obstbäume, die ich andernorts erwerben und in meinen Familienwagen laden würde, auf der Sihltalstrasse. Bis ich bemerkte, dass mir ein eiliger Strassenmitbenutzer praktische ohne Abstand folgte. «Was willst du eigentlich, du Arschkleber?», fragte ich ihn laut und fügte bei: «Ich fahre ja bereits fast 90!» Ich erhielt keine Antwort. Man muss wissen, dass diese Überlandstrecke als recht gefährlich gilt. Kürzlich ist hier jemand gestorben. Die Strasse hat viele Kurven, vor Wildwechsel wird gewarnt, und das Licht blitzt und blendet durch die Baumwipfel. Auf meiner Seite keine Haltemöglichkeit, um den Drängler vorzulassen. Vor mir, das wüsste ich, käme in Kürze ganz unvermittelt ein Abschnitt mit noch giftigeren Kurven und vorübergehend Tempo 60. Ich trat prophylaktisch mehrmals hintereinander leicht aufs Bremspedal, um mit rückwärtsgerichteter Lichthupe meine Bremsabsicht anzuzeigen. Ich versteifte mein Rückgrat. Hinter mir wurde verlangsamt, nicht ohne auf Beibehaltung der 5 m Abstand zu achten. Beim Kreisel Sihlbrugg war ich ihn los, es folgten weitere schnittige mattgraue, rote und gelbe Böse-Buben-Autos. Diesmal wechselte ich die Strategie und liess jeden vor. Sollen sie ihre Unfälle ohne mich machen!

Die weitere Fahrt (mit Bäumchen und Setzlingen als Beifahrern) verlief dank Stau auf dem Seedamm ohne Probleme, bis ich mich kurz vor dem nächsten Ziel verfuhr – eine nicht signalisierte Umleitung – und zu einer Spritztour im schönen Zürioberland gezwungen war. Von Wolfhausen gings nach Hombrechtikon, weiter der Nase nach Richtung Grüningen und von da praktisch Querfeldein nach Bubikon, vorbei am Lützelsee und idyllisch gelegenen Gehöften inkl. Pferdekoppel. Angekommen, stellte ich fest, dass ich keinen Schlüssel bei mir hatte. Ich hätte mich in den Hintern beissen mögen, tat es aber nicht. Es war ja doch eine schöne Reise gewesen. Vom einen Arsch der Welt zum andern und wieder zurück, sozusagen.