Herbstwanderung

Nach der Begegnung mit der handywandernden Familie (s. meine letzte Kolumne) setzten wir unseren Weg südwärts fort. Das Ziel: Kastanien sammeln auf dem Abstieg von Soglio nach Castasegna, dem letzten Schweizer Dorf im Bergell, an der Grenze zu Italien. Je tiefer ins Tal hinab und je südlicher der Pfad sich wand, desto grösser und reifer fielen die Früchte von den Bäumen. Vieles, was wir oben nach mühseligem Klauben aus stachelbewehrten Hüllen mit Begeisterung in unseren Plastiksack gesteckt Weiterlesen...

Ein gelungener Abend

Kürzlich steuerte ich mit meinem Angetrauten am Arm auf meine Stammpizzeria zu. Es war ein lauer Abend, und das Glück lachte uns zweifach. Erstens: Draussen war ein Tisch frei. Zweitens: Adrette Menschen winkten fröhlich vom Nebentisch meinem Gatten zu. Für Unterhaltung war also gesorgt. Gutaussehende Bekannte sind von unschätzbarem Wert, wenn man selber eher unscheinbar ist oder gerade den Bad-Hair-Day schiebt. BH vergessen, Loch im Pulli, zwei verschiedene Socken, Schminke verschmiert: Weiterlesen...

Zweierlei Esel

Weil es gesund und Frühling ist, bin ich wieder öfters mit dem Velo unterwegs. Eines Morgens fuhr ich frisch drauflos mit dem Klappvelo zum Bahnhof und stieg in die S-Bahn. Ich bin ja eine ehrliche und manchmal sogar vorauseilend gehorsame Person, und so löste ich trotz Klapp-Klepper vorher noch ein Velobillett. Man weiss halt leider nie so genau, wie die Bahn es gerne haben möchte. (Denn ein andermal stieg ich mit einem Fahrrad samt -Billet bei der Tür mit Velozeichnung drauf ein und stellte Weiterlesen...

Menschenwürde

Zum Ersten Mal seit es den Paul-Grüninger-Preis gibt, ging er im November 2011 an eine Preisträgerin in der Schweiz. Das erstaunt vielleicht noch nicht, wir sind es ja gewohnt, in der Welt als humanitäre Retter dazustehen. Erstaunlicher ist doch die Tatsache, dass ihn Daniela Strinimann-Gemsch für Aktivitäten in ihrem eigenen Dorf erhielt. Offenbar braucht es in der Schweiz «besondere Menschlichkeit, besonderen Mut und besondere Unvoreingenom­menheit» – so der Stiftungszweck des Preises Weiterlesen...

Spendabel im Advent?

Um Weihnachten herum – so las ich kürzlich in der Zeitung – plagt die Menschen das schlechte Gewissen, weil es uns hier so gut geht. Deshalb klingeln auch die Kassen aller Hilfsorganisationen in dieser Zeit am fröhlichsten. Und darum werden wir im Dezember besonders (auf)dringlich um Spenden angegangen. Manchmal finden wir das lästig. Vor allem, wenn die eine Zuwendung bei der wohltätigen Organisation kurz darauf zu weiteren Anfragen derselben führt. Wenn die mutmasslich spendable Adresse Weiterlesen...

Von A. nach A. u. zurück

Als ich neulich mit der Bahn reiste, stellte sich mir eine Frage. Ich ging nämlich im Bahnhof hinter einem Herrn her, der so unglaublich gross gewachsen war, dass sein Hintern nicht weit unter meinem Kinn endete. Nun bin ich zwar eher klein, aber nicht gerade ein Zwerg. Der Hüne trug eine schwarze Unterhose. So viel konnte ich ohne hellseherische Begabung unschwer erkennen, denn die Hose hing – nicht übertrieben – unter der Mitte der Gesässbacken und gab so den Blick auf Weiterlesen...

Humor ist …

… wenn man trotzdem lacht – wer wüsste das besser als ich? Mein Sekretär jedenfalls nicht: Nun lachen Sie doch mal, Herr Ernst, statt darüber zu klagen, dass Sie diese Woche zwar für mich tippen, aber keine eigene Kolumne schreiben dürfen! Warum das so ist? Da will ich der Leserschaft gerne auf die Sprünge helfen.

Auf die Schafsprünge, genau genommen. Bestimmt kennen alle irgendeinen Trickfilm, in dem jemand zum Einschlafen Schäfchen zählt, die über einen Zaun hüpfen. Bis anhin hielt Weiterlesen...

Freunde, damals

Ob ich mit Reni richtig befreundet war, weiss ich gar nicht so genau. Jedenfalls gefiel sie mir in der Primarschule, und sie wollte mich einmal besuchen kommen. Ich lud sie generös zum Essen ein. Zusammen nahmen wir den 1.5 km langen Weg zu mir nach Hause unter die Füsse. Vor dem trauten Heim verliess mich dann die Souveräne-GastgeberInnen-Allüre, und ich wollte Reni erst mal ankünden. Sie versteckte sich also hinter dem Elektro-Kasten, während ich zur Tür hineinging und beiläufig fragte, Weiterlesen...

Rache ist Socke

Kürzlich sass ich im Zug und fuhr durch die Schweiz. Ich wollte nichts weiter tun, als ein wenig vor mich hin blubbern oder zum Fenster hinausschauen oder etwas lesen. Daran war aber nicht zu denken. Denn aus dem Nachbar-Abteil erscholl Gedröhn aus den Kehlen von vier Herren, die den Anschein machten, als seien sie heute nur ausnahmsweise mit dem Zug und auch nur aus Versehen in der zweiten Klasse unterwegs. Da der Wagen voll war, gab es auch keine Möglichkeit auszuweichen. Zwar bin ich gewiss Weiterlesen...

Stadtflucht

Wenn ich in meinem Heimbüro über den Bildschirmrand hinweg aus dem Fenster schaue, dann sehe ich ringsum den Herbstwald. Davor die grüne Wiese der Waldlichtung, im Osten der NachbarInnen Garten: die Blumen, Gemüse und Früchte einer 18 Jahre währenden Urbarmachung, im Norden unsere Weide, zurzeit schaflos, im Süden ein Wanderweg.

So zu wohnen ist ein Anachronismus. Stetig wartet in meinem Kopf ein böser Gedankenzwerg auf die Desillusionierung. Mit knorrigem Zeigefinger übt er Triumphreden: Weiterlesen...