Gut für alle?

Heute flatterte mir ein Brief ins Haus: die Initiative für ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle (BGE). Ich habe sofort unterschrieben. Denn ich finde es toll, dass die InitiantInnen eine alte Gesellschaftsutopie aufgreifen, die völlig neben dem weltweiten kapitalistischen Imperativ von Fleiss, Produktivität und Gewinnstreben liegt, und sie in eine gegenwartsbezogene Form bringen. Meine Unterschrift bedeutet jedoch nicht, dass ich mit der inhaltlichen Ausgestaltung voll und ganz einverstanden Weiterlesen...

Ökolügie

Immer mehr Menschen machen sich Gedanken über ökologische und gerechte Ernährung. Wir kaufen saisonale Früchte und pestizidfreies Gemüse, vermeiden Leckerbissen vom andern Ende der Welt und boykottieren Anbau-Gebiete, in denen faktisch Sklavenhaltung praktiziert wird. Dies schädigt das Geschäft von Agromultis und Grossverteilern offenbar so sehr, dass sie Gegensteuer geben müssen. Wirtschaftsfreundliche Blätter dienen als Sprachrohre und verbreiten alles, was den Rubel rollen lässt – Weiterlesen...

Verantwortung

In einem meiner zahlreichen Vorleben unterrichtete ich einst an einer Schule für zukünftige Sportlercracks. Die Schule gibts nicht mehr, bzw. sie hat fusioniert, die Schüler sind keine Kinder mehr, und ich bin keine Sprachlehrerin mehr. Aber wir können einander in der Zeitung sehen. Denn einige der Knaben sind unterdessen tatsächlich Profisportler geworden: Jungtalente bei FCZ, GC, Flyers, Lakers … Das sei ihnen zu gönnen. Bei mir hingegen hat diese berufliche Episode ganz grundsätzlich Weiterlesen...

Kapitalismus überwinden

Im gegenwärtigen Parteiprogramm der SP steht die Forderung, den Kapitalismus zu überwinden. Als ich das erfuhr, war ich zugleich erstaunt und erfreut. Lange Jahre war es unmöglich, Kapitalismuskritik zu üben, ohne in die Ecke des menschenverachtenden Totalitarismus kommunistischer Regimes gestellt zu werden. Auch die SP musste nach dem Krieg dem Sozialismus abschwören, um als staatstragende Partei anerkannt zu werden. Im hochgeschaukelten Kampf von Ost gegen West durfte es weder Nuancen noch Weiterlesen...

Schulden für Studis

Unsere Wirtschaftselite: Wohltäterin der Nation. Sie will immer unser aller Bestes – im Wortsinne. So auch Kurt Weigel, Hochschulrat der Fachhochschule St.Gallen, der sich dafür stark macht, dass Studierende die Studienkosten vollumfänglich selber bezahlen sollen. «Für mich steht die Würde des Menschen sowie der Anspruch, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, im Mittelpunkt meiner Politik.» So stehts auf seiner Website, und das braucht sich gar nicht zu beissen mit der Vorstellung, dass Weiterlesen...

zeitwendezeit

Vor bald zwanzig Jahren hatte ich einen Horrortrip. Mit einem Schlag verlor ich alle Illusionen über die Gefälligkeit des Lebens und die relative Abwesenheit des Todes darin. Glasklar und erschreckend sah ich mich vom Tod umzingelt. Mit Wahn und Rausch hatte dieser Zustand jedoch nichts zu tun. Denn nichts könnte realer und wahrhaftiger sein als die Gleichzeitigkeit von Leben und Tod. Wir müssen im Gegenteil die nackte Tatsache der Sterblichkeit mit unrealistisch positiven Illusionen übertünchen, Weiterlesen...

Babydrill?

Mein Schwiegervater führt ein geflügeltes Wort: «Manche Kinder finden nicht wegen, sondern trotz der Schule ihren Weg.» Er hat früher selber LehrerInnen ausgebildet und führt heute einen Kleinverlag für Lehrmittel. Skepsis gegenüber der Schule ist in den eigenen Reihen aber offenbar weit verbreitet. Auch ich argwöhne bisweilen – insbesondere seit ich selber Mutter bin – dass die Schule nicht so sehr die Kinder befähigen als vielmehr die ganze Familie disziplinieren und zur Konformität Weiterlesen...

Sein und Fahrschein

Schon die zweite Atomkatastrophe in meinem Leben … (Kann es sein, dass das schon 10’000 Jahre her ist? Mir kams vor als wärens nur 25 gewesen.) Beim letzten Mal hab ich den Hebel bei mir angesetzt und Energieverzicht geübt. Es war damals noch weitherum verpönt und ich musste mich recht bemitleiden lassen. Diesmal hat Doris Leuthard (in visionärer Vorausahnung?) den Hebel bei mir angesetzt.

Weil ich mit dem Zug vom Sihltal ins Zürcher Oberland zur Arbeit pendle, soll ich mehr Steuern bezahlen. Weiterlesen...

heissheissheiss

Am heissesten Tag des Jahres sitze ich am Computer, und meine Kleider riechen komisch. Nicht, was Sie denken! Ich war in den Sommerferien bei meiner Mutter zu Besuch gewesen: Eine Woche lang schlecht schlafen auf dem Sofabett. Eine Woche italienisches Fernsehen. Eine Woche lang Kleider, die – kaum abgestreift, wie von Zauberhand verschwinden und bald darauf stark duftend (oder eben: komisch riechend) an der Wäscheleine hängen. Eine Woche lang politische Anekdoten einer ungelernten, italienischen Weiterlesen...

Traurige Kartoffel

Schnüff, macht die Kartoffel*, packt ihr Bündeli und wandert aus. Sie ist soeben des Landes verwiesen worden. Ihr Erbgut ist zuwenig schweizerisch, zuwenig reinrassig und zuwenig hochgezüchtet. Traurig guckt die Corne de Gatte an ihrem delikaten Bäuchlein herunter und wischt sich die Tränchen aus den vielen Augen. Wer gibt ihr jetzt Asyl? Muss sie gar ins Gefängnis? (*Maskottchen der Kampagne «Vielfalt für alle!»)

Der Bund verordnet Grossreinemachen bei den Gemüsesorten. Wie bei den übrigen Weiterlesen...