Im gegenwärtigen Parteiprogramm der SP steht die Forderung, den Kapitalismus zu überwinden. Als ich das erfuhr, war ich zugleich erstaunt und erfreut. Lange Jahre war es unmöglich, Kapitalismuskritik zu üben, ohne in die Ecke des menschenverachtenden Totalitarismus kommunistischer Regimes gestellt zu werden. Auch die SP musste nach dem Krieg dem Sozialismus abschwören, um als staatstragende Partei anerkannt zu werden. Im hochgeschaukelten Kampf von Ost gegen West durfte es weder Nuancen noch
Autor: Ina Müller
Spendabel im Advent?
Um Weihnachten herum – so las ich kürzlich in der Zeitung – plagt die Menschen das schlechte Gewissen, weil es uns hier so gut geht. Deshalb klingeln auch die Kassen aller Hilfsorganisationen in dieser Zeit am fröhlichsten. Und darum werden wir im Dezember besonders (auf)dringlich um Spenden angegangen. Manchmal finden wir das lästig. Vor allem, wenn die eine Zuwendung bei der wohltätigen Organisation kurz darauf zu weiteren Anfragen derselben führt. Wenn die mutmasslich spendable Adresse
Schulden für Studis
Unsere Wirtschaftselite: Wohltäterin der Nation. Sie will immer unser aller Bestes – im Wortsinne. So auch Kurt Weigel, Hochschulrat der Fachhochschule St.Gallen, der sich dafür stark macht, dass Studierende die Studienkosten vollumfänglich selber bezahlen sollen. «Für mich steht die Würde des Menschen sowie der Anspruch, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, im Mittelpunkt meiner Politik.» So stehts auf seiner Website, und das braucht sich gar nicht zu beissen mit der Vorstellung, dass
Zeig mir die Neidpartei
Die friedliche Occupy-Bewegung, die im Interesse der Allgemeinheit eine Abkehr vom Finanzextremismus fordert, hat sich an die Spielregeln gehalten und für ihr Camp auf dem Lindenhof eine Bewilligung eingeholt. Das braucht die FDP-Gemeinderätin Tamara Lauber aber nicht zu kümmern. Die Juristin diffamiert die Aktion in den Medien als illegal, noch bevor die Stadt darüber entschieden hat. Gleichzeitig stellt sie ein eigenes, aus der Luft gegriffenes Gesuch mit dem einzigen Ziel, die Legalisierung
Sex im Deutsch?
Eigentlich würde ich Ihnen hier gerne eine Textpassage präsentieren. Aber ich finde sie zu drastisch. Deshalb paraphrasiere ich. In dem Roman wird detailgetreu beschrieben, wie ein Mädchen, das im Übrigen gedemütigt und missbraucht wurde, einmal in den Keller steigt, um sich wollüstig einem Cunnilingus durch einen Hund hinzugeben. Wollen Sie sich etwa empören? Da sind Sie wohl auf dem falschen Dampfer. Denn das ist gerichtlich anerkannt eine geeignete Schul-Literatur für
Der Schul
Als ich neulich im Zug sass, wurde ich unfreiwillige Ohrenzeugin. Eine Frau, offenbar im Bildungswesen tätig, malte in drastischen Bildern die Benachteiligung der Knaben an die Wand, so dass diese, bei gleicher Intelligenz, an den Unis schon in der Unterzahl seien. Dies sei eindeutig die Folge der Verweiblichung unserer Schulen. Ich wollte mich schon über die nahende feministische Weltrevolution freuen, denn wie lange kann das noch dauern, wenn jetzt schon die Unis weiblich sind und ausserdem
Nichtwählunfrust
Ach, die Liebe! Das ist doch jene naturgewaltige Kraft, die Menschen umfassend ergreifen kann, die ihnen übermenschliche Kräfte verleiht, die Ausharren und Aufopferung wie ein Kinderspiel erscheinen lässt, die ihrem Streben und ihrer Mühsal einen Sinn und eine Richtung gibt und zugleich deren Lohn ist. Ja, …
Und dann kamen die Werbefritzen. Die haben mal rausgefunden, dass man mit so starken Emotionen wunderbar punkten kann – weil, Gefühle: Die gehn direkt rein ins Unbewusste und bleiben
Heiliger Bimbam
Wer von uns kann schon beurteilen, was in den arabischen Ländern zurzeit wirklich vorgeht? Erstaunlich viele, so scheint es. In den Kommentarspalten der Gratiszeitungen melden sich jedenfalls haufenweise ExpertInnen, die mit Hohn und Spott quittieren, was die libysche Übergangsregierung angekündigt hat: Dass in Libyen ein Rechtsstaat auf den Grundlagen der islamischen Scharia konstituiert werden soll. Ein Aufschrei hallt durch die Sphären des westlichen Internets: Die Scharia! Das ist doch
zeitwendezeit
Vor bald zwanzig Jahren hatte ich einen Horrortrip. Mit einem Schlag verlor ich alle Illusionen über die Gefälligkeit des Lebens und die relative Abwesenheit des Todes darin. Glasklar und erschreckend sah ich mich vom Tod umzingelt. Mit Wahn und Rausch hatte dieser Zustand jedoch nichts zu tun. Denn nichts könnte realer und wahrhaftiger sein als die Gleichzeitigkeit von Leben und Tod. Wir müssen im Gegenteil die nackte Tatsache der Sterblichkeit mit unrealistisch positiven Illusionen übertünchen,
Schule konkret?
Wieder ist ein Schuljahr vorbei. Schülerinnen und Schüler sind mir über den Kopf gewachsen (meist zum Glück nur körperlich), kindliche Gesichter wurden kantig, geschminkt oder bärtig, Stimmen wurden brüchig und wieder glatt, Zahnspangen gaben Pepsodentlächeln frei, aus SchulbankdrückerInnen wurden zukünftige Velomechaniker, Schreiner, Arztgehilfinnen, Drogistinnen, Elektromonteurinnen, KV-Angestellte usw.
Bei mir hatten sie zwei Jahre Werken. In der zweiten Sek ging es um handwerkliche