Provinz im Kopf

In den Ferien hatte ich ein Déjà-Vu. Denn ich hatte viel Zeit, um vom Lande kommend ziellos in der Stadt herumzustrolchen. Und ich war ja schon einmal so ein richtiges Landei gewesen. Mir persönlich war das damals nicht bewusst, was aber gerade ein bestimmendes Merkmal für Landeier ist. Man kommt in die Stadt und denkt: Also, ich bin im Fall auch nicht blöd, obwohl ich vom Land komme. Dass du blöd bist, weil du vom Land kommst, denken viele StädterInnen gar nicht aktiv (ausser du fährst Weiterlesen...

Jesus und Darwin

Adventssingen mit Schnulzenheini und Schulkinder-Chor. Ein jovialer Typ (Gewerbe­präsident?) bemüht sich, mit seiner Begrüssungsrede in der prächtig dekorierten, klotzig-kühlen Dorfkirche vorweihnächtliche Stimmung aufkommen zu lassen: «Jedes Jahr sagen wir uns in der Familie: Diesmal ohne Geschenke! Und jedes Jahr lassen wir den Vorsatz wieder fallen und kaufen doch welche. Aber wir sollten uns nicht grämen darüber. Geschenke kaufen ist doch gut für alle: Es macht Freude und kurbelt Weiterlesen...

Puff mit 16?

Mit sechzehn ist man im vierten Gymi oder im ersten Lehrjahr oder vielleicht noch in der dritten Sek. Als Lehrling muss man nur von 8 bis 17 Uhr arbeiten. Im Restaurant bekommt man zwar Bier, aber keinen Schnaps. Die Rössli-Bettwäsche aus dem Versandkatalog gibts nur mit Unterschrift der Eltern. Man darf noch zwei Jahre lang nicht Auto fahren. Man darf sich jedoch mit sechzehn schon prostituieren.

Während das europäische Ausland das Mindestalter für Prostitution in den nächsten Jahren auf Weiterlesen...

Weltschmerz!

Leute, es geht bergab mit uns. Die Steuerzahler müssen Banken retten, das Klima wandelt sich unermüdlich, und Küchenchefs melken bereits Mütter. Zu allem Übel leiden hohe Regierungsbeamte an Amnesie. Was läuft schief auf der Welt? Ein Schlaglicht auf die Ursachen.

1. Die Menschen werden immer dicker. Diesen Sommer haben Sie schon wieder durchschnittlich ein halbes Kilo zugenommen! Früher, als es noch ab und zu einen Krieg gab, war das anders. Man nahm eher automatisch ab als zu. Da dachte Weiterlesen...

Äs Bébé

Wenn Sie demnächst eine Reise tun, sollten Sie sich beizeiten auf den Weg machen. Wenn die Zeit zum Umsteigen knapp ist, nimmt man besser gleich den früheren Zug. Wer nämlich atemlos aufs Perron gerannt kommt und dort nur eine lange Reihe Erstklasswagen antrifft, sollte sofort resignieren, über die eigenen Füsse stolpern und der Länge nach auf den Asphalt klatschen. Schliesslich sitzen hinter den Scheiben in den ersten Waggons ErstklassfahrerInnen. Und die haben sich mit viel Geld Privilegien Weiterlesen...

Landleben

Die Bäckerin an der Westtangente wusste natürlich nicht, dass ich in Zukunft nicht mehr automatisch an ihrem Laden vorbeikommen würde, weil ich in Kürze aufs Land ziehen würde. Sonst hätte sie mich bestimmt mit ausgesuchter Höflichkeit bedient, damit ich bei künftigen Besuchen in Zürich extra den Weg zu ihrer Bäckerei unter die Füsse nehmen würde. So aber verlief der Abschied anders. Nachdem ich drei Baguettes bestellt und bezahlt hatte, fragte ich höflichst: «Und dürfte ich dann Weiterlesen...

Moralin

Um vor der Euro ins Kino zu flüchten, versorgte ich mich kürzlich in einem Coop Pronto mit Chips und Getränken. Die Kassierin hatte gerade eine engagierte Diskussion mit einem erwachsenen Kunden. Er wollte für eine Hand voll Schulbuben, die zuvor bei der Kassierin abgeblitzt waren und unterdessen draussen warteten, zwanzig Flaschen Bier erstehen. Sie: «Das ist nicht der Sinn des Gesetzes. Alkohol gibts erst ab 16.» Er: «Schon gut, es ist für mich selber.» Drei Minuten später ziehen die Weiterlesen...

Spätpubertät

Manchmal beneide ich andere Leute. Was mich besonders beeindruckt, sind Menschen, die ihrem Leben den einen Sinn, das eine Ziel, die eine Richtung zu geben vermögen. Schon als Kind verbrachten sie ihre Freizeit am liebsten mit Meerschweinchen, als Teenager führten sie anderer Leute Hunde spazieren, und jetzt sind sie Tierärztin.

Bei mir ist das anders. Alle paar Jahre muss ich wie unter Zwang wieder etwas Neues machen, irgendein altes Talent wieder ausgraben oder einen seit Jahren gehegten geheimen Weiterlesen...

Tata-Bubu

Im Jemen beantragt zum ersten Mal ein Mädchen die Scheidung, weil es in der erzwungenen Ehe geschlagen und ausgebeutet wurde. Ehe ist zwar erst ab 15 Jahren erlaubt, aber niemand straft jene, die über 50% der erst 7- bis 9-Jährigen zur Heirat mit erwachsenen Männern zwingen. Und niemand aus der Familie hilft einem vergewaltigten Ehe-Mädchen. Ein nahezu wasserdichtes Tabu schützt die Täter und die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern. Das Kind Nojoud Muhammed Nasser bricht in einem Weiterlesen...